Herzkammer der Stadt

Im Historischen Rathaussaal wurde Geschichte geschrieben. Entstanden 1332 bis 1340 war er mit 40 Metern Länge und 12 Metern Breite der größte Profanraum nördlich der Alpen. Seit 1356 musste jeder neu gekrönte Kaiser des Heiligen Römischen Reichs seinen ersten Reichstag in Nürnberg abhalten. In diesem Saal wurde die Einführung der Reformation in Nürnberg beschlossen. Mit einem Friedensmahl wurde 1649 das Ende des 30jährigen Krieges gefeiert. Neben so historisch bedeutsamen Ereignissen bot der Saal auch für Bälle, Hochzeiten und Lustbarkeiten den festlichen Rahmen.
Kein Geringerer als Albrecht Dürer leitete 1521 die völlige Neugestaltung des Rathaussaales. Allein die Wandgemälde und die Holztonnendecke fanden ungeteilte Bewunderung. Knapp 100 Jahre später wurde der alte gotische Saal in ein neu errichtetes Rathaus integriert.

 

 

Nachkriegszeit

Der nahezu völlig zerstörte Rathaussaal erhielt in den Jahren von 1956 bis 1958 seine äußere Hülle wieder zurück. Erst als die Altstadtfreunde 1977 im Rahmen einer ganztägigen Führung über 3500 Teilnehmern den Rohbau gezeigt hatten, wurde der Wunsch laut, die alte Pracht wieder aufleben zu lassen. Zwei Jahre später beschloss der Stadtrat einstimmig die Wiederherstellung der historischen Grundelemente von 1520/21.

Zu neuem Glanz

An der Rekonstruktion der Innenausstattung hatten die Nürnberger Altstadtfreunde großen Anteil. Mit Spenden und Geld aus Stiftungen konnten wir bereits 1981 Fichtenholz kaufen, das später für die Kassettendecke und die Vertäfelung des Saals verbaut wurde. Bei dessen Besichtigung konnten die Altstadtfreunde innerhalb einer Woche von 15 000 Besuchern fast 37 000 DM Spenden verbuchen. Damit war es den Altstadtfreunden möglich, die Rekonstruktion des teilweise kaputten 96flammigen Leuchters von 1615 aus Lindenholz komplett zu finanzieren.
Eine besondere Geschichte hat das Messinggitter aus der Werkstatt des bekannten Erzgießers Peter Vischer. Es diente seit 1540 als Abtrennung des Stadtgerichts zum übrigen Saal. Im Jahr 1806, als Nürnberg bayerisch wurde, wurde es von der „bayerischen Besatzungsmacht“ als Bruchmetall verkauft. In einem französischen Schloss kann der Besucher noch vier Original-Bronzereliefs des Gitters betrachten. Rekonstruiert wurde das Gitter von den Altstadtfreunden aus Holz mit Abgüssen der Reliefs aus Frankreich.

Heute

Besonderes Kopfzerbrechen bereiteten die kahlen, nackten Wandflächen. Der Krieg hatte die Malereien aus der Dürerzeit und die Restaurierungen danach zerstört. Man konnte sich weder auf eine moderne noch historische Ausmalung einigen. Selbst eine Initiative der Altstadtfreunde, die Ausmalung nach Dürers Konzeption auszuführen, fand 2014 bei einem Bürgerentscheid keine Mehrheit.
Heute präsentiert sich der historische Rathaussaal mit seinen weißen Wänden sachlich nüchtern. Er ist nur für besondere Anlässe geöffnet. Von besonderer internationaler Bedeutung ist die seit 1999 alle zwei Jahre stattfindende Verleihung des Menschenrechtspreises der Stadt Nürnberg, „Stadt des Friedens und der Menschenrechte“. In Erinnerung an das Friedensmahls des Jahres 1649 treffen sich Nürnberger Bürgerinnen und Bürger mit den Trägerinnen und Trägern des Menschenrechtspreises an einer langen Friedenstafel.

Die Reichskleinodien

Die Reichskleinodien oder auch Reichsinsignien genannt sind der mittelalterliche Reichsschatz der Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reichs. Als wichtigster Bestandteil galt im Mittelalter die wohl aus dem 8./9. Jahrhundert stammende Heilige Lanze, weil sie einen Nagel vom Kreuz Christi enthielt. Von großer Bedeutung war natürlich die Reichskrone, aber auch das Reichsschwert, der Reichsapfel, das Reichskreuz und das Reichszepter. Immer wieder ergänzt wurden die Insignien beispielsweise durch bei Kreuzzügen erbeutete Reliquien. Zur Krönung gehörten selbstverständlich auch die kostbaren Gewänder, Schuhe und Handschuhe.
Aufbewahrt wurden die Reichskleinodien von 1424 bis 1796 in der Kirche des Nürnberger Heilig-Geist-Spitals. Um sie vor den Franzosen im Napoleonischen Krieg zu sichern, wurden sie letztendlich im Jahr 1800 nach Wien in die Schatzkammer der Hofburg verbracht.
Die Nationalsozialisten hatten sie nach dem Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich wieder nach Nürnberg geholt und in der Katharinenkirche ausgestellt. Während des Krieges verwahrten die Nürnberger die Reichskleinodien zusammen mit anderen Kunstgegenständen im historischen Kunstbunker. Nach Kriegsende brachten die Amerikaner die Reichskleinodien wieder nach Wien. Das war 1954.

Es war die Idee der Altstadtfreunde, Nachbildungen der drei wichtigsten Teile herzustellen: Krone, Apfel und Zepter. Nicht zuletzt deshalb, um die zeitweise glanzvolle Stellung Nürnbergs ins öffentliche Bewusstsein zu rufen. Die Goldschmiedemeisterin Gerda Glanzner aus dem

unterfränkischen Wiesentheid hat in 2480 Arbeitsstunden in fünf Jahren diese Repliken geschaffen. Dass die Anregung der Altstadtfreunde verwirklicht werden konnte, ist der Großzügigkeit von Stadtsparkasse und Bayerischer Landesbank zu verdanken.

Die Altstadtfreunde haben als Eigentümer das Werk Gerda Glanzners 1990 der Stadt Nürnberg als Dauerleihgabe überlassen. Anfangs in der Ehrenhalle des Rathauses ausgestellt, sind die Insignien heute in der Ausstellung „Krone – Macht – Geschichte“ im Fembo-Haus zu besichtigen.

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